Gottes Wille

Die Sommernächte in Bagdad sind heiß. Trockene Schwüle drückt auf die staubige Straße, die unter den Laternen in grünem Gelb schläft. Dunkle Palmen knistern im Wüstenwind. Im Rauschen der Großstadt liegt der Himmel wie ein schwarzer Schleier über den flachen Häusern.
Da huschen plötzlich düstere Gestalten aus dem Schatten über die Straße. Sie umzingeln ein Auto, das in einer Einfahrt steht, streichen ruhig an der Karosserie entlang. Leise kriecht einer der Schweigenden unter den hellbraunen Geländewagen. Er kennt jeden Handgriff, jedes Kabel, jede Schraube. Die Bombe sitzt, der Zünder ist scharf, die Gestalten wieder verschwunden.
Sobald der Besitzer - ein erfolgreicher Unternehmer, der mit den Besatzern kollaboriert - den Motor startet, explodiert der Sprengsatz, lautet die einfache Rechnung.
In šāʾ Allāh; so Gott will.

Kurz vor Sonnenaufgang ist der Tag am kältesten. Es legt sich ein rötliches Band auf die sandfarbene, diesige Stadt und alles scheint friedlich.
Der Geschäftsmann, dessen Jeep in der Nacht präpariert wurde, steht früh auf. Ein kleiner Mann, kurzes schwarzes Haar, rundliches Gesicht. Er geht in die Küche, kniet sich auf einen Teppich und betet das Fajr-Gebet, bis die Sonne den Horizont überschritten hat. Er frühstückt, hört Radio. Er kleidet sich an, küsst seine schlafende Frau und die Kinder. Man muss damit rechnen, nicht zurückzukehren in diesen Zeiten.
Er öffnet die dreifach gesicherte Haustür, die Wohngegend gilt als ruhig. Er weiß um seine Feinde.
Der Wagen steht stolz in der Einfahrt, er steigt ein. Den Gurt legt er nicht an, niemand tut das. Sonnenstrahlen hellen das Interieur auf, lassen die Schmutzflecken auf den Fensterscheiben wie weiße Wolken aussehen.
Der Unternehmer greift den Schlüssel, steckt ihn langsam ins Zündschloss. Doch das Opfer zögert. Er hält Inne, den Schlüssel fest umschlossen, denkt nach. Sein leises Atmen wird vom Plastik des Innenraums umhüllt.
Da schaut er auf die Uhr und startet den Motor. Ein Kontakt ist nicht korrekt verlötet, die Bombe geht nicht hoch.
In šāʾ Allāh; so Gott will.